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Dialog für 4 Ecken

Foto: Matthias Weber/photoweber.de

 

Diese Methode lässt sich als Einstieg in ein Gespräch über nachhaltige Entwicklung verwenden. Sie hilft dabei, verschiedene Meinungen kennenzulernen und fördert das dialogorientierte Zuhören und das Gespräch. Sie eignet sich gut für komplizierte und komplexe Themen und lässt sich an die Erfordernisse von Begegnungen anpassen.

Ziel

neues Wissen und Fähigkeiten erwerben

Titel

Dialog für 4 Ecken

Alter

ab 13 Jahren

Gruppengröße

15 – 25 Personen

Ort

indoor, online

Gruppe kennt sich

nein

Vorbereitung

ja

Körperkontakt

nein

Sprachenkenntnisse

ja

Bewegung

nein

Materialien

Zettel, Filzstift, ein leerer Raum, Klebeband

Zusammenfassung

Die Methode eignet sich, um einen Dialog zu beginnen und über Themen – sowohl komplexe als auch kontroverse – zu sprechen, die für die Jugendlichen wichtig sind.

Vorbereitung

Vier A4-Zettel mit je einer Aufschrift „Ja/finde ich auch“, „Nein/finde ich nicht“, „Ich weiß nicht“ und „Vielleicht“ versehen. Kontroverse Aussagen zu nachhaltiger Entwicklung vorbereiten. Es sollten 4 – 6 kurze Aussagen sein, die so formuliert sind, dass sie Gefühle ansprechen und kontrovers sind (Beispiele s. „Hinweise“).

 Durchführung

  1. Einstieg:

Bereite einen leeren Raum vor. Hänge in jeder Ecke einen der vorbereiteten Zettel auf, so dass er gut sichtbar ist.

  1. Einführung:

Erkläre, worum es bei dem Dialog geht (eigene Thesen oder Beispiele s. „Hinweise“). Dann zeige den Teilnehmenden die Zettel in den Ecken des Raumes und erläutere den Ablauf der Übung: Du wirst verschiedene Aussagen vorlesen. Die Teilnehmenden sollen dann ihre Meinung zu jeder von ihnen äußern, indem sie in eine Ecke des Raums gehen. Wenn jemand während des Dialogs seine Meinung ändert, kann sie oder er jederzeit die Ecke wechseln. Du wirst einige der Teilnehmenden fragen, warum sie die jeweilige Ecke gewählt haben. Die Teilnehmenden können sich auch selbst melden, genauso wie sie anderen Fragen stellen können.

  1. Übung:

Lies die erste Aussage vor und warte, bis alle ihren Platz eingenommen haben. Gehe anschließend zu jeder Gruppe und frage einzelne Teilnehmende (2–4, je nach Gruppengröße), warum sie sich für diese Ecke entschieden haben. Du kannst auch weitere Fragen stellen. Erinnere die Teilnehmenden daran, dass sie jederzeit die Ecke wechseln können, wenn sie ihre Meinung ändern. Wenn die erste Aussage besprochen ist, bitte alle wieder in die Mitte des Raumes und lies die nächste vor. Verfahre bei den restlichen Aussagen genauso.

  1. Zusammenfassung:

Bitte zum Abschluss der Übung alle Teilnehmenden, zur Auswertung einen Kreis zu bilden. Frage, wie sie sich fühlen und ob sie den anderen etwas mitteilen möchten. Stelle anschließend eine offene Frage zum Thema Dialog und bitte alle, die dazu Lust haben, sich zu äußern.

Auswertung

Bitte alle Teilnehmenden nach der Übung um eine kurze Evaluation. Dieses Mal befestigst Du auf der einen Seite des Raums einen Zettel mit der Aufschrift „0 %“ und auf der gegenüberliegenden einen mit der Aufschrift „100 %“. Anschließend liest Du erneut verschiedene Aussagen vor, z. B.:

  • Ich konnte darüber nachdenken, was ich von … (Thema der Begegnung) halte.
  • Ich habe von den anderen etwas erfahren, was mein Interesse geweckt hat.
  • Ich habe von den anderen etwas erfahren, was mich überrascht hat.
  • Während der Übung habe ich wenigstens einmal meine Meinung geändert.

Die Teilnehmenden sollen sich so auf einer Linie zwischen den Zetteln aufstellen, wie es am besten ihrer Einstellung zu der jeweiligen Aussage entspricht. „0 %“ heißt, dass jemand der jeweiligen Aussage überhaupt nicht zustimmt, „100 %“, dass sie oder er vollkommen zustimmt. Haben sich alle aufgestellt, kannst Du weitere Fragen an einzelne Teilnehmende stellen.

Varianten

Die Methode lässt sich auch bei Online-Begegnungen anwenden. Anstelle der vier Ecken wird ein Board für die Online-Arbeit verwendet (z. B. Jamboard oder Miro), auf dem eine leere Fläche vorbereitet ist. In jeder Ecke der Fläche steht eine der Aufschriften „JA/ FINDE ICH AUCH“, „NEIN/ FINDE ICH NICHT“, „ICH WEISS NICHT“, „VIELLEICHT“. Nachdem sich die Teilnehmenden die erste Aussage angehört haben, sollen sie sich dazu positionieren, indem sie ein Feld mit ihrem Namen in die Ecke schieben, die ihre Meinung am besten wiedergibt. Wenn jemand während des Gesprächs die Meinung ändert, kann sie oder er sein Feld in eine andere Ecke des Boards verschieben. Haben sich alle positioniert, bitte einige der Teilnehmenden aus jeder Ecke, ihre Meinung zu erläutern. Die Teilnehmenden können sich auch durch virtuelles Handheben selbst zu Wort melden. Alle übrigen Schritte entsprechen der der analogen Version.

Hinweise

Beispiele für Aussagen, die bei der Übung genutzt werden können:

Nachhaltige Entwicklung:

  • Es ist möglich, den Bedürfnissen aller Menschen auf der Welt gerecht zu werden.
  • Wir sind dafür verantwortlich, was in anderen Teilen der Welt geschieht.
  • Wir sollten vor allem die Probleme in unserem eigenen Land lösen.
  • Jede/-r kann etwas für das Klima tun.
  • Kleine Veränderungen reichen nicht aus, denn die Probleme, vor denen wir stehen, sind zu groß.
  • Es ist das Recht eines jeden Menschen zu konsumieren.
  • Jedes Land ist nur dafür verantwortlich, dass es seinen eigenen Bürgerinnen und Bürgern gut geht.

Partizipation:

  • Ich kann bei Fragen mitreden, die für mich wichtig sind.
  • Ich kann das lernen, was für mich wichtig und nützlich ist.
  • Erwachsene sollten die Entscheidungen treffen, denn sie haben mehr Erfahrung.
  • Eine Zusammenarbeit zwischen jungen Menschen und Erwachsenen ist möglich.
  • Ich kenne meine Rechte.
  • Ich weiß, wie ich meine Rechte einfordern kann.

Interkulturelle Sensibilität und Gleichheit:

  • Vor einer Begegnung mit Menschen aus einer anderen Kultur muss man diese Kultur genau kennenlernen.
  • Kulturelle Unterschiede sind weniger wichtig als Altersunterschiede.
  • Kultur beeinflusst, wer wir sind.
  • Wenn jemand in einem Land lebt, sollte sie oder er dessen Kultur annehmen.
  • Stereotype verursachen Leid für andere Menschen.
  • Stereotype beeinflussen uns alle.
  • Es ist nicht immer möglich, alle gleich zu behandeln.

Überlegungen zu Dialog und Dialogprinzipien:

Dialog ist eine Kommunikationsform (Gespräch), deren vorrangiges Ziel es ist, einen anderen Menschen zu verstehen. Dialog braucht einen sicheren Raum, in dem die Beteiligten offen reden und ihre Erfahrungen, Gedanken und Gefühle teilen können. Bei einem Dialog suchen wir die Stärken unserer Gesprächspartnerin/ unseres Gesprächspartners und bemühen uns, ihre/ seine Sichtweise zu verstehen. Durch dieses Bemühen um Verständigung gehen wir trotz unserer Unterschiede eine Beziehung ein. Bei einem Dialog geht es weder um Zustimmung noch darum, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden. Bei einem Dialog ist es nicht ungewöhnlich, die eigene Meinung zu ändern, dies kann von Reife zeugen. Während eines Dialogs halten wir uns mit Bewertungen, Verallgemeinerungen und Diagnosen zurück. Wir bemühen uns, unsere Gedanken, Meinungen und Überzeugungen zu erklären. Wir stellen Fragen so, dass wir die andere Person und ihre Meinung zu einem Thema verstehen. Dialog basiert auf Interesse am anderen.

Unterschiede zwischen Dialog und Debatte:

DIALOG DEBATTE
– Es geht darum, einander trotz unterschiedlicher Meinungen zuzuhören und zu verstehen. – Es geht darum, Menschen mit anderer Meinung zu überzeugen.
– Die Meinung kann geändert werden, und dies kann von Reife zeugen. – Die Meinung zu ändern, wird als Schwäche gesehen.
– Wir suchen die Stärken unserer Gesprächspartnerin/ unseres Gesprächspartners. – Wir suchen die Schwächen der Gegenseite sowie ihrer Thesen, wir kämpfen mit Argumenten.
– Wir hören zu, um zu verstehen. – Wir hören zu, um die Schwachstellen einer Aussage herauszufinden.
– Wir verwenden eine bedürfnisorientierte und gefühlsbetonte Sprache – Wir verwenden eine konfrontative, argumentative Sprache.

 

Quelle: Erarbeitet von Bětka Wójcik anhand der Methodologie des Nansen Center for Peace and Dialogue.